Menopause mit HIV

In letzter Zeit habe ich verschiedene Beschwerden und frage mich, ob ich in die Wechseljahre komme. Doch ich bin unsicher, ob meine Symptome tatsächlich mit den Wechseljahren zusammenhängen, von meiner HIV-Infektion oder den HIV-Medikamenten verursacht werden. Verlaufen die Wechseljahrebei Frauen mit HIV genauso wie bei Frauen ohne HIV, oder gibt es Besonderheiten, auf die ich achten sollte?

Dr. Anna Hachfeld und Dr. Susanna Weidlinger antworten: 

Bei den meisten Frauen beginnen die Wechseljahresbeschwerden bereits in der Perimenopause ( → Box «Definitionen»), also in der Zeit, in der die Menstruation noch vorhanden ist – ein Aspekt, den sowohl Patient*innen als auch Ärzt*innen im Hinterkopf behalten sollten. Studien zeigen, dass Frauen mit HIV tendenziell früher in die Menopause kommen und dass ihre Symptome oftmals stärker und häufiger sind als bei HIV-negativen Frauen. Wechseljahresbeschwerden sind sehr vielfältig und diffus ( → Box «Typische Wechseljahresbeschwerden»). Deshalb kann es manchmal schwierig sein, sie richtig einzuordnen. Das kann Ängste auslösen und die Medikamenteneinnahme beeinträchtigen. Die richtige Behandlung von Wechseljahresbeschwerden ist wichtig, um die Lebensqualität betroffener Frauen zu verbessern. Eine Hormonersatztherapie verringert zudem das, durch HIV-Infektion erhöhte Risiko für Osteoporose, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Depressionen – besonders bei Frauen, deren Menopause vor dem 45. Lebensjahr einsetzt. Da viele HIV-Behandler*innen wenig Erfahrung mit der Behandlung klimakterischer Beschwerden haben und viele Gynäkolog*innen nicht mit HIV vertraut sind, ist es wichtig, das Thema aktiv anzusprechen. Auch der Austausch und das Teilen von Erfahrungen unter betroffenen Frauen ist hilfreich. Netzwerke wie das Sophia Forum oder Positive Frauen Schweiz bieten Unterstützung und Informationen.

Definitionen

Menopause:


Die Menopause ist die letzte natürliche Menstruation im Leben einer Frau. Sie tritt normalerweise ab 45 Jahren auf, durchschnittlich mit 52 Jahren. Ein Ausbleiben der Menstruation vor 45 Jahren hat Krankheitswert und muss medizinisch abgeklärt und therapiert werden.

Perimenopause:

Die Perimenopause ist die Übergangsphase vom fruchtbaren Lebensabschnitt (mit regelmäßiger Menstruation) zur Menopause (mit dauerhaftem Ausbleiben der Menstruation). Sie tritt meist zwischen 40 und 50 Jahren auf und dauert durchschnittlich 5–10 Jahre, wobei sie individuell unterschiedlich lang ist. In dieser Zeit, oft "Wechseljahre" genannt, kommt es zu starken hormonellen Veränderungen:

  • Anfangs variiert die Eierstockaktivität, was zu deutlichen Schwankungen der beiden Sexualhormone Östrogen und Progesteron und zu unregelmäßigen Zyklen führt.
  • Später nimmt die Funktion der Eierstöcke zunehmend ab, bis diese schließlich komplett zum Erliegen kommt.

Postmenopause:

Die Zeitspanne nach der Menopause und somit nach Erlöschen jeglicher Eierstockaktivität wird als Postmenopause bezeichnet. In dieser Phase besteht ein absoluter Mangel an den Sexualhormonen Östrogen und Progesteron.

Prämature Ovarialinsuffizienz (POI):

POI bedeutet, dass die Eierstöcke einer Frau vor dem 40. Lebensjahr ihre Funktion verlieren. Dadurch kommt es zu unregelmäßigen oder ausbleibenden Perioden und einem Mangel an Sexualhormonen. Eine solche Situation muss unbedingt abgeklärt und behandelt werden, da ein so früher und unbehandelter Sexualhormonmangel gesundheitliche Risiken birgt.

Frühe Menopause:

Als frühe Menopause wird eine Menopause vor dem 45. Lebensjahr bezeichnet. Eine solche Situation muss unbedingt abgeklärt und behandelt werden, da ein so früher und unbehandelter Sexualhormonmangel gesundheitliche Risiken birgt.

Typische Beschwerden der Wechseljahre

Mögliche Symptome während der Menopause-Phasen:

  • Hitzewallungen und Schweißausbrüche
  • Schlafstörungen: Einschlafstörungen, Durchschlafstörungen, zu frühes Aufwachen
  • Herzklopfen, Herzrasen, Herzstolpern, Herzbeklemmungen
  • Depressive Verstimmung: Mutlosigkeit, Traurigkeit, Weinerlichkeit, Antriebslosigkeit, Stimmungsschwankungen
  • Reizbarkeit: Nervosität, innere Anspannung, Aggressivität
  • Ängstlichkeit: Innere Unruhe, Panik
  • Körperliche und geistige Erschöpfung: Allgemeine Leistungsminderung, Gedächtnisminderung, Konzentrationsschwäche, Wortfindungsstörungen, Vergesslichkeit
  • Sexualprobleme: Veränderung des sexuellen Verlangens, der sexuellen Betätigung und Befriedigung
  • Harnwegsbeschwerden: Beschwerden beim Wasserlassen, häufiger Harndrang, unwillkürlicher Harnverlust
  • Trockenheit der Scheide: Trockenheitsgefühl oder Brennen der Scheide, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr
  • Gelenk- und Muskelbeschwerden: Rheuma-ähnliche Beschwerden
  • Kopfschmerzen
  • Trockenere Haut, dünneres und schütteres Haar

Dr. Anna Hachfeld

Praxis am Ahornweg und Inselspital
Bern

Anna Hachfeld arbeitet als Infektiologin in einer Praxis und ist am Inselspital Bern in der Lehre und Forschung im Bereich HIV und sexuell übertragbare Infektionen tätig. Sie engagiert sich u.a für eine bessere Berücksichtigung frauenspezifischer Aspekte in der HIV-Versorgung und -Forschung. 

Dr. Susanna Weidlinger

Oberärztin an der Universitätsklinik für Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin am Inselspital Bern sowie Präsidentin der Schweizerischen Gesellschaft für Gynäkologische Endokrinologie, Kontrazeption und Menopause.
 

Dr. Susanna Weidlinger ist Expertin für hormonelle Erkrankungen, insbesondere im Bereich der Sexualhormone, des unerfüllten Kinderwunsches und der
Transgender-Medizin. Mit ihrem evidenzbasierten Ansatz engagiert sie sich für die Verbesserung der Gesundheitsversorgung von Frauen und Menschen in verschiedenen Lebensphasen.