Schweigen schützt. Und verletzt.

Meine Mutter starb an Aids, als ich neun Jahre alt war. Zu jener Zeit war es, noch mehr als heute, eine Krankheit, über die man schweigen musste. Man hatte mir gesagt, ich solle sagen, sie habe Krebs, und ich verstand nicht, warum wir eine neue Krankheit erfinden mussten.

Zeugnis von Cédric, aufgezeichnet von Laure Dasinieres

Es ging tatsächlich darum, mich vor der Isolation zu schützen, vor der Gefahr, dass ich ohne Freunde dastehen würde, weil meine Mutter eine unbekannte und gefährliche Krankheit hatte. Angesichts von Aids, das als beschämend galt, aber auch aufgrund von Unsicherheit und Unwissenheit taten die Erwachsenen ihr Bestes, um mich zu schützen, manchmal leider auch durch Schweigen. Ich glaube nicht, dass ich gut auf Krankheit und Tod vorbereitet war. Aber wer war das schon in diesem so beson­deren Kontext der 80er-Jahre? «Als ich etwa fünf oder sechs Jahre alt war, fragte ich meine Mutter, ob sie eines Tages sterben würde.»

Als ich etwa fünf oder sechs Jahre alt war, fragte ich meine Mutter, ob sie eines Tages sterben würde. Sie schwor mir, dass das nicht passieren würde. Es war ein Spiel, und wir lachten zusammen, aber ich habe nie vergessen, wie erleichtert ich über dieses Ver­sprechen war – das natürlich später zwangsläufig gebrochen wurde. Was Aids anging, habe ich den beeindruckenden körperlichen Verfall miterlebt. Ich erinnere mich am Ende an ein Frühstück, bei dem ich meiner Grossmutter das Leben schwermachte und meine Mutter eingreifen wollte, indem sie mir eine kleine Ohrfeige gab. Sie war so schwach, dass ich nichts spürte. Eher eine Liebkosung als eine Ohrfeige, und ich wollte lachen, aber gleichzeitig fühlte ich die schreckliche Traurigkeit der Situation. Rückblickend hat mir nie eine Ohrfeige so wehgetan.

Es war eine Zeit, in der ich viele Albträume hatte. Danach … gibt es viele Lücken. Ich habe keinerlei Erinnerung an die Beerdigung. Ich erinnere mich, dass ich meine Freunde weiterhin sehen wollte, als wäre nichts passiert. Die Erwachsenen waren überrascht, dass ich nicht weinte. Ein bisschen Resilienz, viel Verdrängung, denke ich.

Diese schwierigen Erinnerungen sollen die schönen Momente nicht überschatten. Ich lebte bei meiner Grossmutter, der Mutter meiner Mutter, einer mutigen und liebevollen Frau, der ich viel verdanke. Meine Mutter war vor ihrer Krankheit und Drogenabhängigkeit oft abwesend. Ich stelle mir vor, dass ihre Sucht sehr stark war. Sie schrieb mir Briefe und Postkarten, in denen ich heute eine gewisse Schuld angesichts ihrer Situation erkenne. Erst kürzlich habe ich verstanden, dass ich sie gleichzeitig lieben und wütend auf sie sein konnte, ihr Vorwürfe machen und ihr vergeben konnte.

Ich freute mich immer, sie wiederzusehen. Sie war herzlich, brachte kleine Geschenke mit und wir unternahmen schöne Spaziergänge. Oft begleitete ich sie durch den Flur, wo sie rauchte und wir viel lachten. Manchmal nahm sie mich in ihre Stammbar mit, wo ich nette junge Erwachsene traf. Diese Erinnerungen sind mir besonders wertvoll.

Heute bin ich Vater von zwei Kindern, und wenn ich etwas gelernt habe, dann ist es die Notwendigkeit, Dinge beim Namen zu nennen, Ängste beim Namen zu nennen, Krankheiten beim Namen zu nennen und zu erklären, warum man sie bekommt ... auch wenn es schwer ist. Nichts zu verheimlichen.