Arbeitsrecht für Arbeitgebende
Wie kann ich eine:n mit HIV lebende:n Mitarbeiter:in unterstützen? Wer muss wissen, dass ein:e Mitarbeiter:in mit HIV lebt? Hier finden sie alles, was Sie als Arbeitgeber:in über HIV am Arbeitsplatz wissen müssen.
In der Schweiz leben circa 20'000 Menschen mit HIV. Pro Jahr erfahren in unserem Land zwischen 300 und 400 Menschen neu von ihrer Infektion. Die meisten von ihnen stehen im erwerbstätigen Alter. Dank der medizinischen Entwicklung hat sich die Lebensqualität von Menschen mit HIV stark verbessert und ihre Lebenserwartung gleicht sich immer mehr der Allgemeinbevölkerung an. Dies ermöglicht es heute vielen Menschen mit HIV, über Jahre und Jahrzehnte normal zu leben und ihre Arbeitsfähigkeit zu erhalten.
Wie kann ich einen Mitarbeiter:in mit HIV/Aids unterstützen? Wo finde ich Hilfe?
In ihrem Arbeitsalltag werden Menschen mit HIV oft mit diskriminierendem Verhalten und Mobbing konfrontiert. Mobbing kann grosse Auswirkungen auf das Selbstbewusstsein der betroffenen Person haben und zu psychischen und physischen Erkrankungen führen. Am Anfang von Diskriminierung und Mobbing stehen häufig falsche Vorstellungen, Vorurteile und Unwissen. Information und eine offene Kommunikation innerhalb der Firma sind deshalb von grösster Bedeutung und helfen mit, unbegründete Ängste abzubauen.
Die Diskriminierung von Mitarbeitenden aufgrund ihrer realen oder angenommenen HIV-Infektion ist verboten. Das Obligationenrecht auferlegt den Arbeitgebenden die Aufgabe, ihre Angestellten vor Angriffen auf ihre Persönlichkeit zu schützen.
Die Aids-Hilfe Schweiz stellt gern Unterlagen zur Verfügung und ist auch bereit, Informationskurse für Mitarbeitende durchzuführen. Für rechtliche Fragen steht die Rechtsberatung der Aids-Hilfe Schweiz zur Verfügung. Besteht das Bedürfnis nach einer persönlichen Beratung im Zusammenhang mit HIV und Aids, ist die Aids-Hilfe Ihrer Region die richtige Ansprechpartnerin.
Wer muss wissen, dass ein:e Mitarbeiter:in mit HIV lebt ?
Die Tatsache, dass jemand mit HIV lebt, ist eine höchstpersönliche und vertrauliche Information, die unter keinen Umständen ohne das ausdrückliche Einverständnis der betroffenen Person oder ohne gerichtliche Anordnung weitergegeben werden darf. Dieser Grundsatz ist im Datenschutzgesetz, im Zivilgesetzbuch und im Obligationenrecht festgehalten. Wer dagegen verstösst, begeht eine strafbare Persönlichkeits- und Datenschutzverletzung.
Welche Gefahr bilden Arbeitnehmende mit HIV für ihre Kolleginnen und Kunden?
Keine, denn bei den üblichen Tätigkeiten am Arbeitsplatz besteht kein Ansteckungsrisiko. Das HI-Virus kann nicht übertragen werden durch zwischenmenschliche Kontakte wie Händeschütteln, Umarmen, Küssen, Anniesen oder Anhusten und auch nicht durch das gemeinsame Benutzen von Telefonen, Computern, Geschirr, Besteck, Handtüchern, Toiletten usw. Selbst im Medizinalbereich, wo es gelegentlich zum Kontakt mit dem Blut anderer Menschen kommen kann, kann das Infektionsrisiko durch das Einhalten geeigneter hygienischer Massnahmen praktisch vollständig ausgeschlossen werden.
Wie gross ist das Risiko, dass Arbeitnehmende mit HIV krankheitshalber ausfallen?
Die HIV-Infektion hat in der Regel keinen Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit der Betroffenen. Um den Zustand des Immunsystems und die Virusmenge im Blut zu überprüfen, wird jedoch Menschen mit HIV empfohlen, sich regelmässig einer ärztlichen Kontrolle zu unterziehen. Falls diese Kontrollen nur während der regulären Arbeitszeiten möglich sind, sollten Mitarbeitenden diese Besuche ohne Lohnabzüge ermöglicht werden.
Dank den Fortschritten in der medizinischen Behandlung von HIV erkranken Mitarbeitende mit HIV kaum häufiger als die anderen Arbeitnehmenden. Einige Medikamente können allerdings anfänglich starke Nebenwirkungen haben, die aber in der Regel nach zwei bis drei Wochen abnehmen oder ganz verschwinden.
Arbeitgebende haben das Recht, von Mitarbeitenden, die der Arbeit fernbleiben, ein Arztzeugnis zu verlangen. Angaben über den Grund der Arbeitsunfähigkeit müssen aber nicht gemacht werden. Arbeitgebende dürfen beim Arzt oder der Ärztin keine Auskünfte einholen.
Welche Fragen sind im Bewerbungsverfahren zulässig?
Im Bewerbungsverfahren dürfen Arbeitgebende nur Fragen stellen, die in einem direkten Zusammenhang mit dem künftigen Arbeitsverhältnis stehen und für den abzuschliessenden Arbeitsvertrag von Bedeutung sind. Die Frage nach einer HIV-Infektion verletzt das Persönlichkeitsrecht und darf vom Stellenbewerber falsch beantwortet werden.
Eine Mitteilungspflicht gegenüber ihrer künftigen Arbeitgeberin haben HIV-positive Stellenbewerbende nur dann, wenn sie das im Rahmen der ausgeschriebenen Stelle vorgesehene Arbeitspensum von Beginn an nicht erfüllen können.
Wenn Arbeitgebende einen ärztlichen Eignungstest anordnen, dann muss der Stellenbewerber zum vertrauensärztlichen Dienst des Unternehmens. Die Aufgabe des vertrauensärztlichen Dienstes ist es, abzuschätzen, ob der Gesundheitszustand des Bewerbers den Stellenantritt erlaubt oder nicht. Der vertrauensärztliche Dienst darf keinen HIV-Test verlangen, und er darf den Arbeitgebenden nur mitteilen, ob der Bewerber oder die Bewerbin aus gesundheitlichen Gründen fähig ist, das vorgesehene Arbeitsverhältnis anzutreten oder nicht.
Welche Konsequenzen hat ein positiver HIV-Status auf Pensionskasse und Taggeldversicherung?
In der obligatorischen beruflichen Vorsorge dürfen aufgrund bestehender Krankheiten keine Vorbehalte gemacht werden. Anders sieht es im überobligatorischen Bereich der Vorsorge aus: Hier können die Versicherer Gesundheitsfragen stellen und können wegen einer Infektion mit dem HI-Virus einen Vorbehalt anbringen. Im Falle eines Pensionskassenwechsels muss die Laufzeit des Vorbehaltes von der neuen Pensionskasse voll angerechnet werden.
Da es sich bei der Taggeldversicherung um keine obligatorische Versicherung handelt, erlaubt das Gesetz den Versicherern, die Gesundheit der Antragstellenden zu prüfen und im Rahmen einer Risikoselektion Menschen mit vorbestehenden Krankheiten auszuschliessen. Die meisten Versicherungen verzichten jedoch auf solche Gesundheitsprüfungen und nehmen alle Arbeitnehmenden eines Unternehmens ungeachtet ihres Gesundheitszustands und ohne Gesundheitsprüfung auf.
Darf ich einem Teammitglied wegen seines HIV-Status kündigen?
Einem Teammitglied darf nicht allein aufgrund seiner Infektion gekündigt werden. In der Regel hat der HIV-Status keinen Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit und ist deshalb zu den persönlichen Eigenschaften der Angestellten zu zählen. Kündigungen aufgrund von persönlichen Eigenschaften sind rechtsmissbräuchlich.