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Liebe und HIV: Porträt der Resilienz gegenüber Vorurteilen

Menschen mit HIV stehen bezüglich ihres Liebeslebens vor verschiedenen Herausforderungen, wie zum Beispiel Vorurteilen, Outings und Stigmatisierungen. Ich bin stolz darauf, in dieser Ausgabe von den Erfahrungen eines serodifferenten Paares – bei dem ein Partner HIV-positiv und der andere HIV-negativ ist – zu berichten.

Mit welchen Herausforderungen bist du in deinem Liebesleben konfrontiert, seit du erfahren hast, dass du HIV-positiv bist?

Victor: Eine grosse Herausforderung für mich war die öffentliche Bekanntgabe meines positiven HIV-Status durch meinen Ex-Partner – was man auch als Outing bezeichnet. Ich habe Anzeige erstattet, aber der Fall wurde wegen des «besonderen Kontexts» nicht weiterverfolgt. In meiner Familie und meinem Freundeskreis wusste niemand davon, da ich aus Angst vor negativen Reaktionen nicht darüber gesprochen hatte.

Inwiefern hat dieser schwierige Moment deine Perspektive auf das Leben mit HIV beeinflusst?

Victor: Im Nachhinein betrachtet, hat mir dieser schwierige Moment überraschenderweise eine wichtige Erkenntnis beschert. Da ich das Schlimmste überstanden habe, weiss ich nun, wie ich es vermeiden kann, wieder in einen solchen Abgrund zu stürzen. Selbst wenn ich von einem Strudel von Emotionen überwältigt werde, kann ich einen Schritt zurücktreten und aus meinen früheren Erfahrungen eine Art der Unterstützung schöpfen. Der Aktivismus ist für mich in solch heiklen Momenten eine Quelle der Kraft.

Hast du Beziehungen erlebt, in denen sich alles um deinen HIV-Status drehte?

Victor: Ich habe Grindr benutzt, wo häufig die Frage «Bist du clean?» gestellt wird. Ich erlebte die verschiedensten Reaktionen und wurde wegen meiner Offenheit bezüglich meines positiven HIV-Status oft auch direkt angegriffen. Da mir immer wieder dieselbe Frage gestellt wurde, habe ich schliesslich meinen positiven HIV-Status in mein Profil aufgenommen.

Was hat dich diese Erfahrung auf Grindr gelehrt?

Victor: Diese Erfahrung hat ein sexuelles Stigma aufgedeckt, das Menschen mit HIV umgibt. Auf die Frage «Bist du clean?» antworte ich mittlerweile, dass der HIV-Status keineswegs definiert, ob man «sauber oder schmutzig» ist. Nichts zwingt mich, meinen Status offenzulegen – vor allem nicht, wenn es sich um eine diskriminierende Frage handelt! Um respektvoll zu kommunizieren und Stigmatisierungen zu vermeiden, kann man stattdessen zum Beispiel die Frage «Kennst du deinen HIV-Status?» stellen.

Wie hast du reagiert, als dein Partner dir seinen positiven HIV-Status mitgeteilt hat?

Alex: Ich war überrascht, aber offen. Das Wissen, dass HIV durch die Behandlung nicht mehr übertragbar ist, hat mich beruhigt. Doch das habe ich nicht in der Schule gelernt, sondern in einer Klinik für sexuelle Gesundheit.

Hast du in eurer Beziehung irgendwelche Sorgen oder Ängste in Bezug auf HIV?

Alex: Hinsichtlich des Status meines Partners habe ich keine Bedenken. Ich weiss, dass, solange mein Partner die Medikamente einnimmt, das Virus nicht nachweisbar ist, sodass für mich kein Risiko einer HIV-Übertragung besteht. Wir stehen in einem offenen Dialog hinsichtlich seines Status und ich vertraue darauf, dass er bei Problemen jederzeit das Gespräch mit mir suchen wird. Zuweilen ist unsere Beziehung locker und offen. Wenn wir mit anderen Personen verkehren, treffen wir beide Vorsichtsmassnahmen, verhüten und lassen uns auf sexuell übertragbare Infektionen untersuchen. Ausserdem werde ich in meinem Fall als zusätzliche Sicherheitsvorkehrung mit PrEP beginnen, um jedes Risiko einer HIV-Infektion durch Partner, deren serologischen Status ich nicht kenne, zu minimieren.

Wie hat sich eure Kommunikation verändert, seit du den positiven HIV-Status deines Partners kennst?

Alex: Wir haben uns am Tag nach unserem Kennenlernen gegenseitig unseren HIV-Status mitgeteilt. Mit einer HIV-positiven Person zusammen zu sein, hat mir ein besseres Verständnis ermöglicht. Für meinen Partner ist es hingegen eine aufklärerische Rolle – ich hätte es verstanden, wenn xier es mir wegen des Stigmas rund um HIV nicht sofort gesagt hätte.

Was waren die grössten Herausforderungen, denen du als Partner einer HIV-positiven Person begegnet bist?

Alex: Die grösste Herausforderung ist, dass man zwangsläufig weniger über HIV weiss. Diesem Mangel an Wissen kann man jedoch durch Selbstaufklärung begegnen.

Welchen Rat würdet ihr anderen geben, die eine Beziehung mit einer HIV-positiven Person beginnen?

Alex: Kommunikation und Aufklärung sind entscheidend! Bringt eure Sorgen zum Ausdruck – aber auf gut überlegte Weise. Nehmt euch die Zeit, mehr über HIV zu lesen und eure Bedürfnisse als Paar zu verstehen. Das wird mit der Zeit ganz natürlich werden, und ihr werdet völlig normal über das Thema sprechen.

Schliesslich ist die Liebe mehr als nur ein Liebesversprechen und schöne Worte. Vielen Dank an dieses inspirierende Paar, das seine Erfahrungen mit mir geteilt hat.

Interview mit einem serodifferenten Paar, durchgeführt von Gleission Juvino, Student:in der Soziologie, Berater:in für Geschlechtervielfalt, Sexualität und Kommunikation